10 Jul '25
Wer den Notruf missbraucht, spielt mit dem Leben eines anderen
Feuerwehr und Polizei machen darauf aufmerksam, dass „Fake“-Anrufe über die Notdienst-Nummern unnötig Einsatzkräfte und Ressourcen bündeln sowie kostbare Zeit und Geld kosten.
Wenn es um Leben und Tod geht, ist nicht zu spaßen. Dafür gibt es die Notrufnummern 110 für den Polizeiruf und die 112 für den Rettungsdienst. Die Zahl der Anrufe im Kreis Soest ist mit den Jahren gestiegen. Aber leider sind darunter auch jene, die sich als „Fake“ herausstellen. Es werden Notfälle gemeldet, die keine sind, Brände und sogar Morde angekündigt, die – glücklicherweise – nicht stattgefunden haben, aber trotzdem eine Versorgungsschleife in Gang bringen, die unnötig Einsatzkräfte und Ressourcen bündelt. Warum das Menschen tun? „Aus Langeweile, Sensationsgeilheit oder zur eigenen Belustigung“, fasst es Stefan Stracke, Chef der Polizeileitstelle Kreis Soest, bei der Pressekonferenz zum Notruf-Missbrauch zusammen.
Notruf-Missbrauch: Aus Langeweile, Sensationsgeilheit oder zur eigenen Belustigung
Von 175 000 Anrufen im Jahr sind rund 64 000 Notrufe und 28 000 für den Krankentransport. Der Rest sind Anrufe, die nicht zuzuordnen sind, weil sie kein Notfall sind, weil jemand einen Arzttermin möchte oder nach der Entsorgung der Batterien fragt. Es können auch sogenannte Hosentaschen- oder durch Sensoren ausgelöste Anrufe sein, die trotz eingelegter Tastensperre aktiviert werden. „Wir sind keine Auskunft“, verdeutlicht Marco Baffa-Scinelli, Pressesprecher der Kreispolizei, sagt aber auch: „Lieber einmal zu viel, als zu wenig“. Denn immerhin vermeldet der Rettungsdienst 56 000 Einsätze in 2024 und die Feuerwehr 4000, die sich aus 64 000 Notrufen ergeben haben.
Notruf-Missbrauch: Leitung 13 Stunden lang blockiert
Von üblen Einsätzen, die aufgrund von Falschmeldungen ins Leere liefen, berichten Carina Aufdemkamp und Malte Bering. So meldete sich ein Anrufer, der „gleich jemanden umbringen und die Bude in die Luft sprengen werde“. Es wurden Absperrungen vorgenommen, Feuerwehr und Rettungswagen auf den Weg geschickt. Auch einen Kellerbrand, den eine Person in einer psychischen Ausnahmesituation aus dem Krankenhaus gemeldet hatte, hat es nie gegeben sowie die Frau, die der Ehemann in flagranti erwischt habe und die Wohnung in Brand stecken wollte.
Ein paar Jahre her ist es, dass jemand 1000 Mal angerufen und über 13 Stunden lang die Leitung blockiert hat und dies, wo es nur eine Leitung pro Kommune gibt. „Der Mann hat nicht gesprochen, wir mussten von einem Notfall ausgehen“, sagt Bering. „Bösartig und mutwillig werden Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei missbräuchlich zu Einsätzen gerufen, die es nie gegeben hat. Da fühlt man sich verarscht“, so Christian Schneider, Leiter der Rettungsdienst-Kreisleitstelle.
Notruf-Missbrauch: Rückverfolgung und Täterermittlung
Werden die Täter ausfindig gemacht, wird ein Strafverfahren eingeleitet. Die Konsequenz: „Das geht für ihn in die Tausende“, so Stracke, der auch von Beleidigungen der Kollegen, die an den Telefonen sitzen – die Disponenten – erzählt, „die mehr als unter die Gürtellinie gehen“. Leider steige die verbale Gewaltbereitschaft. Hier erhoffe man sich mit Blick auf die seelische Gesundheit der Kollegen mehr Respekt gegenüber den Einsatzkräften. „Wir sind keine Fußabtreter“, so Schneider, der weiß, wie es sich anfühlt, wenn man am Telefon einen Suizidversuch mitbekommt. Die Person hat schwerstverletzt überlebt.
Notruf-Missbrauch: Es wird immer Hilfestellung geleistet
Wichtig ist allen Disponenten, dass die Leitungen für echte Notfälle frei bleiben und als allererstes der Standort so präzise wie möglich angegeben wird. Auch bei einem Autounfall sei darauf zu achten, dass bei der Meldung das Handy nicht mehr über Bluetooth mit dem Auto gekoppelt ist, weil die Rettungsstelle dann nichts hören kann. In der Regel sind für einen Notruf 1,45 Minuten angesetzt. Dann werden gezielt Fragen gestellt, um die entsprechende Versorgung parallel zum Telefonat in die Wege leiten zu können.
„Da müssen wir so manchen Redeschwall unterbrechen“, verdeutlicht Schneider die Ausnahmesituation. Bei Überlastung wie bei Katastrophen oder Großereignissen gehen die Anrufe auch in die Nachbarkreise, wobei sich der Einsatz nur um Sekunden verzögere. „Es wird immer Hilfestellung geleistet, sogar in Fällen, die im Ausland stattfinden“, so Aufdemkamp. Die Telefonnummern werden für eine Nachverfolgung registriert sowie die Gespräche aufgenommen, die nach einigen Wochen wieder gelöscht werden. 42 Mitarbeiter arbeiten in der Kreisleitstelle des Rettungsdienstes, sieben davon in einer Schicht. Aktuell wird ein Leitstellenverbund etabliert.
Text und Foto: Soester Anzeiger