20 Nov '22

Bei Stromausfall zur Meldestelle: Lippstadt richtet im Ernstfall Anlaufpunkte ein

Notstromaggregate, technische Ausstattung und Wärmeinseln für die Bürger: Ein tagelanger Stromausfall ist in Deutschland kaum denkbar. Trotzdem bereitet sich die Stadt Lippstadt auf den Ernstfall vor. Die Stadtverwaltung hat Maßnahmen und Pläne für den kommunalen Krisenfall entwickelt. Das Ziel: Bis zu zehn Tage (je nach Situation) soll die eigene kritische Infrastruktur in Lippstadt aufrecht erhalten werden können – Feuerwehr, Rettungsdienst, Baubetriebshof, Verwaltung einsatzfähig sein. Ein Überblick.

Notruf

Kein Internet, kein Telefon, kein Handyempfang: Ohne Strom geht’s nicht. Ein Notruf würde die Einsatzkräfte der Polizei, des Rettungsdienstes und der Feuerwehr nicht erreichen. Was also tun? Im Notfall geht’s zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto los. Dafür werden sogenannte Meldestellen eingerichtet.

Sechs Meldestellen

Bei einem flächendeckenden Stromausfall werden in Lippstadt sechs Meldestellen eingerichtet: Sie sind für jeden Bürger im Stadtgebiet in „vertretbarer Entfernung erreichbar“, sagt Bürgermeister Arne Moritz. Sie dienen zur Information und Kommunikation. Im Krisenfall sollen sie im Schulzentrum Dusternweg, in der Volkshochschule Lippstadt, der Nils-Stensen-Schule in Bad Waldliesborn, dem Feuerwehrstützpunkt West, dem Feuerwehrgerätehaus in Hörste sowie dem Feuerwehrgerätehaus in Lipperode eingerichtet werden, informiert die Verwaltung.

Die Meldestellen werden im Schichtbetrieb besetzt – rund um die Uhr. Im Notfall bekommen Lippstädter dort Hilfe – unter anderem werden Notrufe angenommen und weitergeleitet, auch Erste-Hilfe soll möglich sein. Hier erhalten die Bürger auch Informationen über die Lage (Aushänge).

Ein Leuchtturm

Im Krisenfall richtet die Stadt im Schulzentrum Hansekolleg/Nikolaischule einen sogenannten Katastrophenschutz-Leuchtturm ein – notstromversorgt und beheizt. Hier können Bürger im Notfall ebenfalls Hilfe suchen. Neben Informationen zur Lage, werden an der Ostendorfallee 1 auch Rettungsmittel vorgehalten. Darüber hinaus soll der Leuchtturm eine Aufenthaltsmöglichkeit für „in Not geratene Menschen sein“, erklärt Arne Moritz mit Blick auf Obdachlose und Hilfebedürftige. Gespräche sollen darüber hinaus auch noch mit den Hilfsorganisationen geführt werden, „um zu klären, wie sie gegebenenfalls noch unterstützen könnten“, sagt Joachim Elliger, Fachbereichsleiter Recht und Ordnung.

So schnell können die Anlaufstellen eingerichtet werden

Meldestellen und Leuchtturm sollen „in überschaubarer Zeit“ eingerichtet werden – immer abhängig vom Zeitpunkt des Stromausfalls. Die Alarmierung über die Feuerwehr sei schnell sichergestellt, verweist Joachim Elliger auf die Erfahrung mit dem 42-minütigen Stromausfall im Dezember 2021. „Damals waren die Feuerwehrgerätehäuser sehr schnell besetzt. Das ging stante pede. Die Feuerwehr ist ganz schnell handlungsfähig.“ Das erste Ziel sei es, die Erreichbarkeit im Notfall sicherzustellen.

Darum werden nicht alle Gerätehäuser der Feuerwehr besetzt

Bei einem längerfristigen Stromausfall gehe es darum, das Personal bestmöglich einzusetzen – anders als bei einem sogenannten Brownout, einer geplanten Stromabschaltung von sechs bis zwölf Stunden. Die Meldestellen müssten rund um die Uhr besetzt sein, bei mehreren Tagen im Schichtbetrieb, erklärt Feuerwehr-Chef Christian Meyer mit Blick auf die „Einsatztaktik.“ Er rechne bei einem flächendeckenden Stromausfall mit einem „relativ hohen“ Einsatzaufkommen für die Rettungskräfte in Lippstadt, mit „möglicherweise nur begrenzten Möglichkeiten, überörtliche Hilfe anzufordern“, sagt Meyer. Im Ernstfall müsse die Versorgung „höchstwahrscheinlich auch priorisiert werden“, so der Feuerwehr-Chef.

Kommunikation

„Der Stromausfall im Dezember 2021 war recht lehrreich“, sagt Moritz. Für die interne als auch die externe Kommunikation hat die Verwaltung Vorsorge getroffen. Wenn die klassische Kommunikationstechnik ausfällt, werde die redundante Kommunikation sichergestellt – unter anderem mit Analogfunk. Das sei erst vor einigen Tagen technisch und praktisch erprobt worden, sagt Meyer. „Digital ist schön“, sagt Joachim Elliger. „Aber im Katastrophenfall stehen wir da.“ Teilweise müsse alte Technik wieder ertüchtigt werden. „Wir haben dem Katastrophenschutz über Jahrzehnte nur einen geringen Stellenwert eingeräumt.“

Information

Um die Bevölkerung für einen möglichen längerfristigen Stromausfall zu sensibilisieren, verschickt die Stadtverwaltung in Kürze Informationsbriefe mit einem Flyer an alle Haushalte. Darüber hinaus werden im Internet Informationen bereitgestellt: www.lippstadt.de. Dabei beziehe die Stadt auch die Kampagne #besserbereit des Regionalverbandes Ruhr (RVR).

Treibstoffversorgung

Wenn der Strom ausfällt, laufen weder Sprit noch Diesel aus den Zapfhähnen der Tankstellen. „Jeder tut gut daran, nicht auf dem letzten Tropfen zu fahren und den Akku seines E-Autos aufzuladen“, sagt Moritz. Die Stadt habe derweil entsprechende Vorkehrungen getroffen, um die Treibstoffversorgung für die Einsatzmittel der kritischen Infrastruktur „weit über den Zeitraum von drei und auch für sicherlich zehn Tage“ sicherzustellen, sagt Joachim Elliger.

Hilfsmittel ausbauen

„Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges sind eine ganze Reihe von wichtigen Geräten nur mit Verzug lieferbar“, sagt Moritz. Sobald möglich, soll die Ausstattung in der Lippe-Stadt weiter verbessert werden.

Stab

Bei einem Stromausfall kommt der Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) – mit allen Akteuren, die mit dem Stromausfall zu tun haben – zusammen. Hier laufen die Fäden zusammen, um die Arbeitsfähigkeit von Feuerwehr, Rettungsdienst, Baubetriebshof und Ordnungsbehörde sicherzustellen.

Vorsorge und Selbsthilfe

Die Bevölkerung sollte Vorsorge treffen und Lebensmittelvorräte anlegen, sagt Arne Moritz. Warmes Essen und Getränke werde die Stadtverwaltung nicht für die rund 72?000 Bewohner der Lippe-Stadt vorhalten können. „Nachbarschafts- und Selbsthilfe sind bei einem solchen Szenario entscheidend“, sagt Meyer. Hier sei man mit Blick auf den Tornado optimistisch, „dass das in Lippstadt nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis funktioniert“, so Arne Moritz.

++++ Umfrage: 101 Kommunen ohne Einsatzplan ++++

Nordrhein-westfälische Kommunen müssen sich auf einen Stromausfall vorbereiten: Das Innenministerium hat alle kreisfreien Städte und Kreise im Sommer noch einmal per Erlass dazu aufgefordert, sich auf einen Stromausfall vorzubereiten. Eine Umfrage des ARD-Magazins Report Mainz hat gezeigt: Viele Kommunen haben für Ausnahmesituationen keinen Notfallplan. 400 Kreise und kreisfreie Städte wurden befragt; 200 beteiligten sich. Das Ergebnis: 101 Kommunen gaben an, keinen Einsatzplan für einen Stromausfall zu haben, fasst Report Mainz zusammen.

Quelle: Der Patriot - Lippstädter Zeitung

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