21 Jun '21

Wird bei der Lippstädter Feuerwehr Geld verbrannt?

Die Tage der Feuer- und Rettungswache an der Geiststraße sind bekanntlich gezählt, der Umzug in einen Neubau gilt als ausgemachte Sache. Gleichwohl soll jetzt noch beinahe eine halbe Million Euro in den alten Standort investiert werden – für drei neue Ruheräume. Den Politikern schwant, dass sie sich damit womöglich dem Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern ausgesetzt sehen und ihnen ein Eintrag im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes droht.

Bis zu 14.000 Einsätze im Jahr verzeichnen die Rettungskräfte jährlich in Lippstadt. Das Gros entfällt mit bis zu 13.000 Einsätzen auf den Rettungsdienst, die Feuerwehr rückt zwischen 800 und 1000 Mal im Jahr aus. Derzeit sind 118 hauptamtliche Kräfte auf der Wache an der Geiststraße tätig, hinzu kommen 90 ehrenamtliche Feuerwehrleute.

Das Problem: Die Wache platzt aus allen Nähten. Die Raum- und Gebäudesituation ist nach den Worten von Joachim Elliger, Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung, „prekär“, die zur Verfügung stehenden Flächen „völlig unzureichend“. David Westerfeld, stellvertretender Leiter des Fachdienstes Brandschutz/Rettungsdienst bei der Stadtverwaltung, sprach am Montagabend im Haupt- und Finanzausschuss von „katastrophalen Zuständen“ und „massiven Problemen im Arbeitsschutz“.

Errichtet wurde die Wache Ende der 1980er Jahre „für 40, 50 Leute“, so Westerfeld. Seitdem hat sich die Zahl der Feuerwehrleute und Sanitäter verdoppelt. Und auch der Fuhrpark wuchs mit den stetig steigenden Anforderungen und Aufgaben.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde immer mal wieder an- und neu gebaut. Und auch jetzt steht – ungeachtet des angepeilten Umzugs der Wehr – ein Ausbau am Altstandort an. Das aktuelle Problem: Es gibt nicht genügend Ruheräume.

In einer 24-Stunden-Schicht sind 20 Mitarbeiter im Einsatz: neun im Rettungsdienst und elf im Brandschutz. Klar, dass diese – von Ausnahmen abgesehen – nicht 24 Stunden auf den Beinen sein können, wenn sie im Notfall voll da, voll konzentriert sein sollen. Also braucht es zwischendurch mal eine Mütze Schlaf – und hierzu geeignete Ruheräume.

Auf der Wache stehen derzeit nur elf solcher Zimmer zur Verfügung – zu wenig, so die Verwaltung, auch mit Blick auf Arbeitsschutzvorgaben. Also sollen drei neue Ruheräume geschaffen werden. Nach einer „groben Kostenschätzung“ geht die Stadt von 375.000 Euro aus.

Die Ruheräume von Brandschutz und Rettungsdienst sollen getrennt werden, auch gilt es die Geschlechtertrennung zu berücksichtigen. Last not least sollen durch kürzere Laufwege die Zeiten, in denen die Helferinnen und Helfer zum Einsatz ausrücken können, verringert werden.

Die Rettungskräfte müssen in einer bestimmten Zeit, laut Westerfeld in „60 bis 90 Sekunden“ nach der Alarmierung, am Fahrzeug sein. „Heute vergeht da zu viel Zeit.“ Die Mitarbeiter müssten, wie er auf Patriot-Nachfrage erläutert, „derzeit teils durch zwei Gebäude laufen, um zum Einsatzwagen zu gelangen“. Und verlieren dadurch wertvolle Zeit, bis sie einen Brand löschen oder einen Verletzten versorgen können.

Zudem stehen nach seinen Angaben in den spartanisch ausgestatteten Ruheräumen zwei, manchmal auch drei Betten. Das sind zwar Klappbetten, damit diese den Rettern im Alarmfall beim Anziehen nicht im Weg stehen, aber laut Westerfeld hapert es auch an der Größe der Zimmer.

Bei neuen Rettungswachen sei, sagt er, der „Trend“, pro Beschäftigtem in einer Schicht ein Bett einzuplanen. Was auch der Wunsch bzw. die Forderung der Wehr mit Blick auf eine neue Lippstädter Wache ist.

Für den Übergang plant die Verwaltung nun, die 2004 errichtete Umkleide östlich hinter den mittleren Fahrzeughallen um ein Geschoss aufzustocken. Damit entstünden 180 Quadratmeter für die heute im Altbau untergebrachte Feuerwehr-Logistik (Kleiderkammer, Funkwerkstatt, Technik-Lager). Im Altbau würden die neuen Ruheräume untergebracht.

Peter Cosack stellte allerdings die Frage, ob es sinnvoll sei, vor dem Neubau der Feuer- und Rettungswache „jetzt noch 400.000 Euro auszugeben“. Dem CDU-Fraktionschef schwant, dass eine solche Entscheidung womöglich für negative Schlagzeilen sorgen könnte und Lippstadt in einem „Programm von Mario Barth“ auftaucht oder „wir wegen Verschwendung von Steuergeldern im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler genannt werden“.

Es sei „völlig klar, dass wir optimale Bedingungen für die Feuer- und Rettungswache schaffen wollen“. Aber könne es nicht auch eine Containerlösung sein? Denn „in fünf, zehn Jahren ist zuerst das Stadthaus und in zehn, fünfzehn Jahren dann die Feuerwehr da weg.“

Die Frage sei durchaus berechtigt, entgegnete Elliger. Aber der Wehr-Neubau werden „nicht kurz- oder mittelfristig“, jedenfalls „nicht vor 2030“ realisiert. Die Investition am jetzigen Standort sei „sinnvoll und notwendig“, es bestehe „Handlungsdruck“.

Die Entscheidung wurde vertagt, sie soll am kommenden Montag im Stadtrat getroffen werden. Godehard Pöttker (FDP) meinte, man könne „nicht mal eben fast 400?000 Euro für drei Räume“ bewilligen. Er mahnte eine „bessere Information“ an und merkte an, dass die Machbarkeitsstudie zum Rettungswachen-Neubau, die die Stadt seit Mitte 2019 hat, der Politik noch nicht vorliege.

Quelle: Der Patriot - Lippstädter Zeitung