14 Jul '18

„Ein Regen, wie er nur alle 100 Jahre herunterkommt“

Als Anfang Juni im Süden der Stadt sowie in den westlichen Ortsteilen zahlreiche Keller vollliefen, Straßen gesperrt werden mussten und die Feuerwehr in nur sieben Stunden 230 Einsätze fuhr, war dies nicht etwa einer zu klein dimensionierten Kanalisation geschuldet. Vielmehr handelte es sich um eine Regenmenge, wie sie statistisch nur alle 100 Jahre niedergeht. In der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause sprach Bürgermeister Christof Sommer (CDU) von einem „Starkregenereignis“, das „sehr lokal, sehr kleinräumig“ gewesen sei – und damit schlicht nicht vorhersehbar.

Anlass für die Stellungnahme Sommers war eine Anfrage der Linken-Fraktion. Die hatte sich nach Maßnahmen von Stadt und Stadtentwässerung zum Schutz vor einem solchen Hochwasser erkundigt, ferner nach dem Ausbau und der Überprüfung der Kanäle.

Der Bürgermeister erklärte, dass am Abend des 1. Juni am Klärwerk am Hellinghäuser Weg in nur 90 Minuten über 52 Millimeter Niederschlag gemessen wurden. Ein Wert, der sogar noch leicht über dem eines 100-jährlichen, also einmal in einem Jahrhundert eintretenden Regenereignisses (49,9 Millimeter) liegt.

Wassermassen, die die Kanäle etwa im Süden und Südwesten nicht aufnehmen konnten. Denn die sind laut Sommer nach den allgemein gültigen technischen Vorgaben für ein Regenereignis bemessen, wie es alle fünf (und nicht alle hundert) Jahre eintritt. Die Kanäle seien „ordnungsgemäß dimensioniert“, so Sommer in seiner Antwort auf die Linken-Anfrage.

Ein Ausbau für „alle Wahrscheinlichkeiten“ sei „technisch nicht durchführbar“ und auch dem Gebührenzahler „nicht vermittelbar“, so der Bürgermeister weiter. Im Übrigen würde sich, wie es in der schriftlichen Stellungnahme der Stadt weiter heißt, bei größeren Kanälen das Wasser länger in den Rohren befinden – mit dem Risiko steigender Geruchsbelästigung und höherem Unterhaltungsaufwand.

Kein Ausbau für alle Eventualitäten möglich

Die Leistungsfähigkeit des Netzes werde „laufend überprüft“, so die Antwort auf die Linken-Frage nach Funktionstüchtigkeit und Prüfung der Kanalisation. Jährlich werden demnach fünf Prozent des Kanalnetzes in Augenschein genommen und gegebenenfalls saniert. Die Mehrzahl der Kanäle sei jünger als 50 Jahre, die im Lippstädter Süden stammten aus den 1960er Jahren.

Der Bürgermeister wies darauf hin, dass seit dem Jahr 2009 jährlich anderthalb Millionen Euro in das Kanalnetz investiert werden. Zudem seien „eine ganze Reihe von Regenrückhaltebecken gebaut“ worden. Und bei Neubaugebieten wie dem Areal „Auf dem Rode“ oder am Güterbahnhof sei das Ziel, den Regen innerhalb dieses Gebiets zu halten und dann gedrosselt abzuleiten. Die Neubaugebiete Stirper Höhe und Boschstraße würden im Übrigen nicht über den Südwesten entwässern, sondern in Gieseler bzw. Roßbach.

Sommer machte deutlich, dass es „keinen hundertprozentigen Schutz gibt“. Er wies auch auf den großen Stellenwert des Schutzes hin, den jeder Hausbesitzer selbst treiben sollte. Damit spielte er insbesondere auf die Rückstausysteme an, die verhindern sollen, dass Wasser aus der Kanalisation zurück in den Keller drückt – sofern die (wenn überhaupt vorhandenen) teils jahrzehntealten Systeme auch ordnungsgemäß gewartet und in Schuss gehalten werden.

Quelle: Der Patriot - Lippstädter Zeitung