16 Jun '11

Rätsel um Wasserleiche schreckt Badegäste ab

Das Ganze sei eine schreckliche Tragödie, „kaum zu fassen“, sagt Dirk Brölemann.

Und dennoch: Zwischen Beileid und Entsetzen umtreibt den 41-Jährigen unwillkürlich nun auch eine gewisse Sorge um die eigene Existenz. Als Strandbar-Betreiber lebe er am Alberssee nun einmal von Schwimmern und Terrassen-Gästen. Doch die bleiben nach der erfolglosen Suche nach dem 27-jährigen Erntehelfer aus Polen, der am Montagmittag nach einem Kopfsprung im Alberssee verschwand (wir berichteten), größtenteils aus. Bleibt der Alberssee in diesem Sommer gar weitestgehend verwaist? Schließlich kann es nach Angaben der Polizei gar Wochen und Monate dauern, bis die Leiche gefunden wird.

Natürlich habe er „volles Verständnis“ für all diejenigen, die sich nun nicht mehr ins Wasser trauen. Daraus macht Dirk Brölemann keinen Hehl. Doch der Gastronom tut nach eigenem Bekunden alles dafür, um seinen Gästen die Angst vor der noch nicht gefundenen Wasserleiche zu nehmen. Noch vor Schichtbeginn schwinge er sich von nun an täglich selbst ins Tretboot - „um den See einmal komplett abzufahren“. Zudem laufe der Bar-Betrieb weiter wie bisher, versichert Brölemann.

Rund 20 „Stamm-Schwimmer“ hätten ihn zwar schon angerufen, berichtet der 41-Jährige, ihm die Gründe für ihr Fernbleiben erläutert. Doch neben vielen Zweiflern gebe es mitunter auch einige Schwimmer, die sich trotz alledem in die Fluten stürzen. So auch Jochen Dickgräber. Der Sportbegeisterte zog gestern Mittag in aller Seelenruhe seine Bahnen durch den Baggersee: „Ich schwimme hier jeden Tag. Heute war das erst ein komisches Gefühl. Aber nach einem Kilometer ist das wieder normal. Das Wasser ist top.“

Entwarnung gibt derweil auch die Stadt Lippstadt. Der Badebetrieb sei vollkommen unbedenklich, versichert Stadt-Sprecher Günter Baumgarn auf Nachfrage unserer Zeitung. Ein möglicher Leichnam habe - bei allen moralischen Bedenken - keinerlei Einfluss auf die dortige Wasserqualität.

Eine weitere Suchaktion nach dem Vermissten wird es derweil nicht geben. Definitiv. Das bestätigte Polizei-Sprecher Winfried Schnieders gestern. Die Sichtweite in sechs Metern Tiefe tendiere aufgrund der Dunkelheit und Bodenpflanzen gen null. Außerdem gingen die Vermutungen über den vermeintlichen Unglücksort auseinander.

So habe der Leichenspürhund rund 100 Meter weiter östlich angeschlagen als zunächst von dem Augenzeugen angegeben. Schnieders: „Für den Augenzeugen war das auf See sehr schwer abzuschätzen.“ Zumal sowohl der Vermisste selbst als auch sein Kompagnon unter Alkoholeinwirkung standen, auch das stehe nun fest. Auf der anderen Seite könne auch der Leichenspürhund durchaus daneben liegen - „das wäre nicht das erste Mal“.

Und dennoch: Die Polizei geht weiter von einer Wasserleiche aus. „Dass uns da jemand getäuscht hat“, so Schnieders, dafür spreche bis dato nichts. Nun müsse man abwarten: „Wenn der Verwesungsprozess eintritt, dann entwickeln sich Gase, die den Leichnam quasi von selbst an die Wasseroberfläche treiben lassen.“ Abhängig vom Wetter, der Wassertemperatur und Beschaffenheit des Körpers könne das einige Tage dauern, durchaus aber auch Wochen und Monate.

Quelle: Der Patriot - Lippstädter Zeitung