18 Dez '21

Oft fehlt der Respekt - Rettungskräfte werden Ziel von Aggressionen

Manche Studien beschreiben einen Wandel in der Gesellschaft (machen soziale Medien dafür verantwortlich), einige Wissenschaftler sprechen aber auch ungeschminkt von Dummheit. Man könnte meinen, es mangelt an Respekt und Anstand oder Erziehung hat offenbar zumindest nicht ausreichend bei denjenigen Menschen stattgefunden, die Rettungskräfte und/oder Feuerwehrleute bei ihren Einsätzen behindern, beleidigen, beschimpfen oder gar angreifen.

Eine Notsituation in der Hilfe – sehr oft von Freiwilligen geleistet – verhindert werden soll, eigentlich unvorstellbar. Gleichwohl mussten auch die Rettungskräfte, die im Gebiet der Stadt Lippstadt im Einsatz sind, derartige Situationen erleben, berichtet Christian Meyer, Fachdienstleiter Brandschutz und Rettungswesen, im Gespräch mit Lippstadt am Sonntag.

Das Thema beschäftigt nach seiner Darstellung die Feuerwehren, die stark mit dem Rettungsdienst verknüpft sind, schon lange. Dabei unterscheiden Meyer und seine Kollegen zwischen körperlichen und verbalen Übergriffen. Das Thema betrifft Rettungsdienste und Feuerwehren demnach insbesondere in Ballungsgebieten und sozialen Brennpunkten in Großstädten, jedoch auch in Lippstadt kommt es zu körperlichen und/oder verbalen Angriffen.

Das NRW-Innenministerium hat zusammen mit dem Landes-Arbeitsministerium einen Aktionsplan ins Leben gerufen, um valide Zahlen zu ermitteln, berichtet Meyer. Die Frage sei, ob die Gesellschaft verrohe. Der Fachdienstleiter wird informiert, wenn es zu Übergriffen kommt und gibt diese an die Leitstelle beim Kreis Soest weiter. Diese wiederum meldet die Qualität und Quantität der Übergriffe an das Land.

Die Rettungskräfte, die sich aus haupt- und ehrenamtlichen Einsatzkräften zusammensetzen, müssen im Stadtgebiet Lippstadt jährlich zwei bis drei körperliche Angriffe erleben. Für Meyer ist es ein Paradoxon, dass diejenigen beschimpft werden, die helfen wollen. Normalerweise müssten Betroffene froh darüber sein, wenn Rettung komme.

Die Entwicklung führt Fachdienstleiter Meyer auf gesellschaftliche Veränderungen zurück. Bei den teilweise „übelsten Beschimpfungen“, seien oft Alkohol oder Drogen mit im Spiel. Die Gefährdung gehe zumeist nicht von den unmittelbar Betroffenen aus, sondern von den Personen im unmittelbaren Umfeld. Die Gefahr von körperlichen Angriffen spiele jedoch immer mit.

Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst sowie für die Feuerwehr wird ein Deeskalationstraining angeboten, um das Auftreten des Rettungsdienstes zu schulen und die Ansprache gegenüber Patienten und Angehörigen zu üben. Die Rettungskräfte sollen sensibilisiert werden und „Antennen dafür entwickeln“, wo Gefahrenpotenzial liegt.

Nach einer Studie der Ruhr-Uni aus dem Jahr 2017, wurden in dem Jahr 13 Prozent der Rettungskräfte körperlich angegangen und 60 Prozent waren verbalen Angriffen ausgesetzt. Wobei Meyer festhält, die „Schmerzgrenze“ bei Beschimpfungen liege bei allen Einsatzkräften individuell hoch. In jedem Fall müsse jedoch Anzeige erstattet werden.

Insgesamt wird der Rettungsdienst nach Angaben von Meyer etwa 13.500 bis 14.000 Mal im Jahr zu Einsätzen gerufen. Der Brandschutz rückt zu knapp 1.100 Einsätzen im Jahr aus. Die Corona-Pandemie hat allerdings zu massiven Veränderungen bei den Einsätzen und deren Dauer geführt, weshalb der Rettungsdienstbedarfsplan vom Kreis Soest angepasst werden muss.

Fachdienstleiter Christian Meyer erwartet, dass die Einsatzkräfte bei ihren schwierigen Aufgaben unterstützt werden und ihnen Respekt und Wertschätzung entgegengebracht wird. „Jeder, kann jederzeit auf Rettungskräfte angewiesen sein“, betont er ausdrücklich. Die Frauen und Männer des Rettungsdienstes und der Feuerwehr brauchen nach seinen Worten die Unterstützung aus der Bevölkerung. „Die Bürger dürfen nicht wegschauen, sondern müssen die Rettungskräfte in ihrem Dienst unterstützen“, bekräftigt Meyer.

Text und Foto: Redlich (Lippstadt am Sonntag)

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