29 Jan '16

Horrortrip für Angehörige

Der sonnige Novembertag brachte drei Tote mit sich. „Überall Trümmer, kaputte Autos.

Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld.“ Polizist Willi Helmig berichtete am Donnerstag von dem schweren Verkehrsunfall 2010 auf der B1 zwischen Erwitte und Eikeloh. Seine Zuhörer waren rund 170 Schüler der Q1 und Q2 des Friedrich-Spee-Gymnasiums. Nach Helmigs Erzählungen herrschte Stille im Raum.

Dieser Schulvormittag war anders. Bedrückend und grausam. Hintergrund war der sogenannte Crash-Kurs-NRW der Polizei Soest. Seit November 2011 sind deren Verkehrssicherheitsberater an den weiterführenden Schulen im Kreisgebiet unterwegs und sensibilisieren die Schüler für Verkehrsunfälle.

Gerade der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener ist bei Unfallverursachern nach Angaben der Polizei überproportional hoch. Die Beamten werden bei den Veranstaltungen von Feuerwehrleuten, Notfallseelsorgern, Rettungssanitätern und Unfallopfern unterstützt. Die 50. Veranstaltung fand am Donnerstag in der Alten Aula des Gymnasiums statt.

Der Unfall auf der B1 gehörte zu den insgesamt fünf Beispielen, die eindrücklich zeigten, was eine unachtsame oder rücksichtslose Fahrweise verursachen und welche Schicksale dies nach sich ziehen kann. Im Fall der drei toten Menschen auf der Bundesstraße war die Raserei eines damals 22-jährigen Mannes die Ursache dafür, dass drei Unschuldige ihr Leben lassen mussten. „Darunter ein junges Pärchen, das keine Chance hatte“, erzählte Polizist Helmig, der damals den Einsatz geleitet hatte, vor den sichtlich bewegten Schülern.

Er appellierte an die Jugendlichen, ein vernünftiges Verhalten im Straßenverkehr an den Tag zu legen. „Euer Leben und das der anderen ist zu wertvoll, um es zu riskieren.“

Notfallseelsorgerin Heike Gösmann, die ebenfalls als Rednerin bei der Veranstaltung dabei war, musste nach dem Unfall auf der B1 den Eltern des jungen Pärchens die schwere Nachricht vom Tod ihrer Kinder überbringen. „Wenn wir auf den Klingelknopf drücken, ist für die Angehören nichts mehr, wie es einmal war“, erzählte Gösmann. Bei den Angehörigen entständen Wunden, die niemals heilten.

Für die Notfallseelsorger selbst seien solche schweren Unfälle, gerade mit jungen Menschen, ebenfalls nicht leicht zu bewältigen. „Es tut mir heute noch weh, wenn ich darüber berichte.“

Ähnliches wusste Notfallsanitäter Daniel Schwichtenberg zu erzählen. „Wir sind zwar Profis, aber wir sind auch Menschen“, sagte er, als er über einen Unfall auf der B516 zwischen Rüthen und Brilon berichtete, bei dem ein 20 Jahre alter Fahrer mit seinem Auto gegen einen Baum geprallt und später nur noch sein Hirntod festgestellt werden konnte.

Zuvor hatte der Notfallsanitäter die Schüler per Bildschirmpräsentation mit auf eine Erkundung einer Massenkarambolage auf der A44 im Herbst 2014 mit genommen. Bei dem Unfall war ein 20 Jahre alter Autofahrer am Steuer eingeschlafen. „Der hätte nicht ans Steuer, sondern ins Bett gehört“, sagte Schwichtenberg. Stattdessen kam er mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus.

Vom „Horror schlechthin“ sprach Manfred Mois. Der Familienvater hatte bei einem Verkehrsunfall seine 20-jährige Tochter Marion verloren. Ein junger Fahrer hatte der Frau, die sich das Auto ihres Vaters geborgt hatte, die Vorfahrt genommen und war dabei selbst ums Leben gekommen. Wie es ist, durch einen Verkehrsunfall sein eigenes Kind zu verlieren? Mois: „Ein Horrortrip, den man nie vergessen wird.“

Quelle: Der Patriot - Lippstädter Zeitung

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