24 Feb '23

12 Meter lang, 26 Tonnen schwer: Eine rollende Einsatzleitzentrale für 1,15 Mio. Euro

Anfang März soll der neue Einsatzleitwagen der Kategorie 2 – kurz ELW 2 – des Kreises in Dienst gehen. Das 1,15 Millionen Euro teure Feuerwehr-Sonderfahrzeug wurde nach zwei Jahren Bauzeit ausgeliefert.

Kreis Soest – Wenn er gebraucht wird, ist meist ein großes Unglück geschehen – oder aber, die Feuerwehr gibt alles, um genau das zu verhindern. Bei Großeinsatz-Lagen rollt neben zahlreichen „normalen“ Feuerwehrfahrzeugen oftmals auch der „ELW 2“ an. In ihm arbeitet die Einsatzleitung, erstellt Lage-Beurteilungen und trifft Entscheidungen.

Der alte ELW 2 des Kreises war arg in die Jahre gekommen, sein Nachfolger stellt ihn in vielerlei Hinsicht in den Schatten – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Er ist 12,21 Meter lang, 2,98 Meter breit und 3,86 Meter hoch. Er wird von einem 360 PS starken Motor mit 9,2 Litern Hubraum angetrieben, die für eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde sorgen. Das alles macht ihn zu einem echten Schwergewicht – der neue ELW bringt 26 Tonnen auf die Waage. Die niederländische Firma Visser, eine Tochtergesellschaft des Feuerwehr-Fahrzeugaufbauers Ziegler, baute den ELW 2 in zwei Jahren auf einem Scania-Fahrgestell auf.

Eine Arbeitsgruppe aus haupt- und ehrenamtlichen Kräften, die der Kreisbrandmeister einberufen hatte, definierte gemeinsam die technischen Anforderungen und Leistungen des Fahrzeuges. „Das ging Hand in Hand“, ziehen Brandamtsrat Peter Roters, stellvertretender Chef der Rettungsleitstelle, und Arne Tilly, Systemadministrator der Leitstelle, gemeinsam ein positives Fazit.

Arne Tilly erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion den großen Vorteil des neuen ELW 2: „Beim alten ELW 2 war es sehr aufwändig, ihn in Betrieb zu bringen.“ Es mussten Kabel gezogen, der Mast ausgefahren werden. Dafür musste eine Einsatzkraft sogar aufs Dach klettern.

Neuer ELW 2 für den Kreis Soest: „Das hätte man beim alten Auto nicht hinbekommen“

Im Rahmen der Ausbildung am neuen Fahrzeug wurde nun deutlich, dass das alles jetzt einfacher ist: Mit vier Einsatzkräften übte Tilly ein Szenario. „In kurzer Zeit nahmen sie den Stromerzeuger in Betrieb, stützten das Fahrzeug ab, fuhren den Antennen-Mast aus, brachten die Notebooks ans Laufen. Obwohl sie noch keine große praktische Erfahrung mit dem neuen ELW hatten, war der Wagen nach 15 Minuten online. Das hätte man beim alten Auto mit vier Leuten nicht hinbekommen.“

Bei der Planung sei es eine ganz besondere Erfahrung gewesen, „auf der grünen Wiese“ zu beginnen. „Wir haben unsere Vorstellungen mit Pappmaschee gebaut, um jeden Zentimeter gefeilscht. Es ist kein Auto von der Stange, so eine Chance hat man nicht oft.“

Neuer ELW 2 für den Kreis Soest: Großer Wert auf Rückfallebenen

Großer Wert wurde bei der Entwicklung auf die Redundanz gelegt – „es gibt für alles eine Rückfall-Ebene“, erklärt Tilly. „Sowas kennt man sonst eigentlich eher aus Leitstellen. In Einsatzleitwagen gibt es das in dem Umfang nur ganz, ganz selten. Das sorgt dafür, dass bei einem Systemausfall ein ‚normales’ Fahrzeug schnell nicht mehr nutzbar wäre. Wir haben nach dem Motto gearbeitet, dass es nicht nur tolle Technik, sondern auch die Rückfall-Optionen braucht.“

Der neue Einsatzleitwagen 2 verfügt über einen Besprechungs- und Stabsraum mit vier Arbeitsplätzen sowie einen Funk- und einen Technikraum. Moderne digitale Computer- und Kommunikationstechnik an Bord ist die Grundlage dafür, dass der Führungsstab bei mittleren und größeren Einsätzen der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und des Katastrophenschutzes mehrere Einheiten lenken kann.

Ein auffallendes Beispiel: Ein großer Außenmonitor, auf dem beispielsweise das Live-Bild einer Drohne gestreamt werden kann. Denkbare Einsatzszenarien sind Großbrände, Unwetter mit großen Schäden, Hochwasser oder Bombenräumungen mit umfangreichen Evakuierungsmaßnahmen, die ein erhöhtes Maß an Koordination erfordern. Betrieben wird der ELW 2 durch die Informations- und Kommunikations-Einheit (IUK-Fernmeldezug) des Kreises Soest, die sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern der örtlichen Feuerwehren zusammensetzt sowie durch Personal der Leitstelle.
In jeder Gebietskörperschaft in Nordrhein-Westfalen, also in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt, ist ein ELW 2 vorzuhalten – so will es das Gesetz.

Nach einem Kreistagsbeschluss und der europaweiten Ausschreibung hatte der Kreis Soest den Auftrag im Rahmen dieser Pflichtaufgabe an den niederländischen Feuerwehrausrüster Visser in Leeuwarden vergeben. Die Ersatzbeschaffung war notwendig – der alte ELW 2 stammte aus dem Jahr 2000 und war somit „vor allem im Hinblick auf die Kommunikationstechnik total veraltet“, erklärte der Kreis Soest. „Eine verlässliche Übermittlung von Daten zur Leitstelle, zum Krisenstab und zu den Einsatzabschnitten vor Ort war nicht mehr möglich. Das hatte sich bei vielen Übungen, aber auch bei Realeinsätzen gezeigt“, bestätigte Kreis-Sprecher Wilhelm Müschenborn.

„Der neue, hochmoderne ELW 2 ist ein wichtiger Baustein der Gefahrenabwehr, der technisch jetzt wieder auf der Höhe der Zeit ist und den Anforderungen genügt“, betont Ricarda Oberreuter, Dezernentin für Gesundheit, Verbraucherschutz und Gefahrenabwehr.

Text und Fotos: Daniel Schröder (Soester Anzeiger)

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