15 Jun '16

Junge Fahrer sensibilisieren

Wäre eine Stecknadel auf den Boden gefallen, dann hätte man sie fallen hören können.

Lähmende Stille breitete sich unter den rund 300 Schülern des Lippe-Berufskollegs aus, die jetzt an der Veranstaltung Crash Kurs NRW, ein Projekt des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit der Polizei Kreis Soest, im Forum der Schule teilnahmen. Polizeibeamte, Notfallseelsorger, Opfer und Angehörige von Opfern berichteten über ihre Erlebnisse nach beschweren und zum Teil tödlichen Verkehrsunfällen.

Es war eine Veranstaltung, die unter die Haut ging. Einzelne Schüler verließen vorzeitig den Raum, weil ihnen die Erzählungen zu nah gingen. So berichtete Manfred Mois von seiner Tochter Marion, die im Alter von 20 Jahren bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben kam.

„Morgens um acht stand meine Tochter noch in meinem Schlafzimmer, weil ihr Auto nicht ansprang“, begann Mois. „Ich sagte ihr, dass sie mein Auto nehmen könnte. Das war die letzte Unterhaltung die wir führten.“ Seine Tochter sei an diesem Tag auf dem Weg zur Arbeit gewesen. „Der Unfall ereignete sich gegen 12.45 Uhr“, so Mois. „Ihr wurde die Vorfahrt genommen. Erst gegen 15.30 Uhr haben wir davon erfahren. Das war der Horror schlechthin, wie ein Schlag durch den gesamten Körper. So etwas wollen eure Eltern nicht erleben. Der Unfallverursacher war 16 Jahre alt. Er kam ebenfalls ums Leben.“

Ein schwerer Unfall beeinträchtigt bis heute auch das Leben von Manja Mathias. Im Jahr 1989 machte sie sich gemeinsam mit ihrem 14-jährigen Freund mit dem Mofa auf den Weg zu einer Weiberfastnachtsfeier. Ihr Freund trug einen Helm, sie nicht. „Wir stießen mit einem Pkw zusammen“, sagte Mathias. „Ich bin mit meinem Körper erst vor die Windschutzscheibe des Autos geprallt.

Anschließend bin ich 30 Meter durch die Luft geflogen und auf dem Asphalt aufgekommen. Dort blieb ich reglos liegen. Ich war damals 16 Jahre alt.“ Mathias erlitt schwere Kopfverletzungen. Sie hatte ein Blutgerinnsel im Kopf, das operativ entfernt wurde. Heute hat sie schwere linksseitige Spasmen. Sie arbeitet in einer Behindertenwerkstatt, weil sie keinen anderen Beruf ausüben kann. Ihr Traum von einem Sportstudium zerplatzte.

Die Schüler wachgerüttelt hat auch Werner Bielawa mit seinem Vortrag. Er ist Unfallsachbearbeiter bei der Polizei in Lippstadt. Er berichtete von einem Unfall auf der B1 zwischen Erwitte und Eikeloh. Drei Fahrzeuge waren beteiligt. Der Unfallverursacher raste mit 145 km/h über die Bundesstraße in Richtung Geseke. Beim Überholen eines Autos sah er zu spät den Gegenverkehr. Ein junges Pärchen ließ bei dem Unfall sein Leben. „Als ich dem Unfallverursacher wenige Tage später persönlich berichtete, dass wir wegen fahrlässigerTötung ermitteln, wollte er sich mit einem Küchenmesser das Leben nehmen“, betonte Bielawa. „Diese Dinge können passieren, wenn man sich fahrlässig im Straßenverkehr verhält.“

„Mit dem Projekt Crash Kurs NRW sollen Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren erreicht werden“, erläuterte Günther Quante, der das Projekt im Kreis Soest koordiniert. „Wir möchten sie für ihr Verhalten im Straßenverkehr sensibilisieren.“ Die Veranstaltung findet seit 2011 rund 14 Mal im Jahr an Schulen im Kreis Soest statt. „Rund 12 000 Schüler konnten wir bis jetzt damit erreichen“, sagte Quante. Der Crash Kurs fand zum neunten Mal in der Lippeschule statt. Im Schnitt ist das Aufklärungsteam dort zweimal im Jahr vor Ort

Quelle: Der Patriot - Lippstädter Zeitung

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